Stadt-Anzeiger


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Eine Vision von Architektur
11.01.2010
Susanne Hengesbach

about: m0t1v exhibition
Kunst-Station Sankt Peter

'Premiere in der Kunststation St. Peter: Erstmals wird in der Kirche moderne Medienkunst ausgestellt. Die Werke beeindrucken mit einer neuen Vision von Architektur - und fragen nach dem Verhältnis von Technik und Religion.

Die belgische Künstlergruppe Lab[au] installierte „framework", eine Wand mit 125 beweglichen und leuchtenden Rahmen. Die belgische Künstlergruppe LAb[au] installierte „framework f5x5x5", eine Wand mit 125 beweglichen und leuchtenden Rahmen. (Bild: Grönert) Innenstadt - Was macht der Fisch beim Taufbecken? - Man könnte behaupten, er gibt Laute. Doch die Töne, die zurzeit in der Kapelle der Kirche St. Peter zu hören sind, sind keine Walgesänge einer kleineren Art, sondern elektrische Impulse, die von Mikrofonen in vier Aquarien aufgenommen und über eine Lautsprecheranlage verstärkt werden. Die südamerikanische „Elefantennase" ist ebenso wie die Fische in den übrigen Becken ein nachtaktives Tier, das sich tagsüber gerne in felsigen Höhlen vor Angreifern schützt. Einen solchen naturbeschaffenen Rückzugsraum haben die Tiere momentan nicht. Aber sie können sich in kalt wirkenden Hohlräumen aus Metall verbergen, was sie tagsüber auch gerne tun. In der inaktiven Phase tönen diese Becken zwar weniger unangenehm, doch der Betrachter, für den ein Aquarium sonst vielleicht der Inbegriff von Beschaulichkeit innerhalb eines gemütlichen Wohnzimmers ist, wird gleichwohl Zeuge einer neuen Raumerfahrung und erlebt eine Vision von Architektur im Informationszeitalter.

Zum ersten Mal zeigt die Kunst-Station St. Peter jetzt Medienkunst und stellt damit die Frage nach dem Verhältnis von Technik und Religion. Wie vielen anderen Künstlern geht es auch der belgischen Künstlergruppe LAb[au] darum, Welten, die wir sinnlich nicht wahrnehmen können, erfahr- oder erfassbar zu machen. Hier gibt es eine Überschneidung zur Religion, die ja auch versucht, das Unsichtbare in eine Form zu bringen. LAb[au] visualisiert über computergesteuerte Installationen Phänomene, die für den Menschen nicht wahrnehmbar sind. Dass Fische sich untereinander austauschen, ist uns bekannt, aber wir erleben es nicht mit. In der Ausstellung kann der Besucher ihre „Kommunikation" akustisch wahrnehmen und als Aufzeichnung sehen.

Mit Orgel gekoppelt
Ein noch wesentlich irritierenderes Phänomen begegnet dem Besucher beim Betreten des Gotteshauses: Hier stößt er auf eine zwei mal zehn Meter lange digital gesteuerte Modulwand mit 125 beweglichen und leuchtenden Rahmen. In manchen Momenten kann man sich diese Installation wie eine Häuserwand vorstellen, an der sämtliche Fenster in unterschiedlichen Winkeln auf Kipp stehen. Doch die Rahmen drehen sich ständig; nicht nur vertikal, sondern auch von links und rechts und umgekehrt. Hinzu kommt, dass die Wand, beziehungsweise der Computer, der sie nach menschlicher Vorgabe steuert, mit der Kirchenorgel gekoppelt ist. Auch dieses Instrument ist in der Lage, digitale Impulse zu verarbeiten, so dass der Kirchenbesucher konzertant miterleben kann, wie die Wand die Orgel nach ihrem eigenen Rhythmus (be)spielt. Die Ausstellung ist bis zum 12. Februar täglich außer montags von 11 bis 17 Uhr zu sehen.'


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